Text:

Martin Schnupfhagn

Bilder:

Erwin Hecht und Martin Schnupfhagn

In diesem Jahr beschlossen wir nach Südtirol in Italien zu fahren, um auf den Ortler zu steigen. Nach einigen Diskussionen, ob wir trotz des schlechten Wetters fahren sollten, machten wir uns schließlich am Mittwoch auf die Reise nach Sulden, um die Wetterlage vor Ort zu begutachten. Hier wollten wir entscheiden, ob wir doch aufsteigen. Nach einem guten Abendessen im Hotel Waldruhe gingen wir früh ins Bett, um für den nächsten Tag fit zu sein.

Am Donnerstag nach dem Frühstück fuhren wir zur Bergsteigerschule, um unsere Ausrüstung in Empfang nehmen. Dort studierten wir noch einmal den Wetterbericht, denn bei schlechten Wetter wollten wir nicht auf den Ortler. Nachdem dieser für heute nur ab und zu einen Schauer meldete und für morgen, Freitag, herrlichen Sonnenschein vorhersagte, machten wir uns auf den Weg. Es ging vorbei am alten Kirchlein und durch den Wald an die Baumgrenze.

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Am Fels angekommen, überquerten wir die Moräne des Marletferners und folgten den Weg über die Marletschneide zur Tabarettahütte.

Ungefähr 1 km vor der Hütte erwischte uns aber das erste Unwetter. So kam es, dass sich der ganze Berg innerhalb von nur wenigen Minuten schwarz einzog und es plötzlich zu Schneien und zu Graupeln begann. Als wir unsere Regensachen angezogen hatten, waren wir schon durchnäßt und so kamen wir völlig durchweicht in der Tabarettahütte auf 2555 m an.

Nach einer Zwangspause von 2 Stunden und der Überlegung wieder umzudrehen, stieg unsere Gruppe trotzdem weiter Richtung Payerhütte auf. Die Wolken waren mittlerweile verschwunden und es wurde ein wunderschöner Spätsommertag.

Wir folgten den Weg über die Bärenkopfscharte und den Kamm entlang bis zur Payerhütte. Hier kam unser Team so gegen 16:00 Uhr an. Ausser drei tschechischen Bergsteigern, waren wir die einzigen auf der Hütte, die am nächsten Tag auf den Gipfel des Ortlers wollten.

In aller Herrgottsfrühe am nächsten Tag machte sich unsere Gruppe auf, zum Gipfelanstieg. Mittlerweile waren wir nur noch zu dritt, denn Django entschloß sich nicht mitzugehen. Wir seilten uns in zwei Gruppen an. Erwin ging mit einem Bergführer, Anton und Martin mit einen weiteren Bergführer. Gleich nach dem Anseilen folgten wir, vorbei an der Payerhütte, den Weg entlang des Tabarettakamms, die Tabarettaspitze in der Westflanke querend zu den markanten Felsen des Tschirfleck, einer luftigen Klettereinlage, teilweise mit Ketten versichert weiter zum Gletscher.

Bis zu diesem Zeitpunkt war das Wetter zwar oben noch zugezogen und es wehte eine steife Prise, aber laut Wetterbericht sollte ja herrliches Bergwetter geben. So erreichten wir nach ca. 1,5 Stunden den Gletscher und wir legten nach einer kurzen Pause unsere Steigeisen an. Weiter ging es dann aufwärts über den mit riesigen Gletscherspalten versehenen oberen Ortlerferner hinauf Richtung Lombardibiwak.

Kurz vor dem Biwak war noch einmal eine kleine Kletterstelle im Fels, die aber kein Hindernis darstellte. Vorbei am Biwak ging es dann immer steiler aufwärts in Richtung Gipfel. Wir konnten uns nur noch mit dem Eispickel hinaufziehen und das Wetter wurde nun auch schlechter. Es wehte ein eiskalter Wind. Es war dichter Nebel und Schneegestöber, so dass wir stellenweise nicht mehr als 100 m sehen konnten. Doch der Wetterbericht hatte ja schönes Wetter gemeldet und so beschlossen wir weiterzugehen, denn in wenigen Minuten musste das Wetter ja besser werden. Unsere Gruppen arbeiteten sich mühsam weiter hinauf zur Spitze, und selbst unsere erfahrenen Bergführer kämpften, um bei der schlechten Sicht nicht die Orientierung zu verlieren. Nach einer weiteren Stunde Schinderei durchs ewige Eis und den starken Sturm, verliessen uns langsam die Kräfte. Wir machten uns Gedanken, nun doch umzudrehen, weil es uns zu gefährlich erschien auf dem Ortler ohne Sicht und völlig erschöpft herumzulaufen. Da wir jedoch zu diesem Zeitpunkt nur noch 20 Minuten vom Gipfel entfernt waren, nahmen wir noch einmal alle Kräfte zusammen und erreichten schliesslich doch noch unser Ziel.

Nach einer kurzen Pause machte sich unsere Gruppe sofort auf zum Abstieg, denn auf den Gipfel konnte man es bei dieser Witterung keine fünf Minuten aushalten. Beim Abstieg wurde uns erst richtig bewußt, wie steil der Ortler eigentlich war.

Wir mussten sehr langsam gehen, weil die Neuschneeauflage es verhinderte, dass wir einen festen Tritt hatten. Keiner wollte in der Tiefe oder in einer der unzähligen Spalten verschwinden.

So erreichten wir schliesslich sicher den Tschirfleck. Hier verstauten wir unsere Steigeisen und Eispickel wieder in den Rucksack. Das schlechte Wetter hatten uns verfolgt und war nun auch nach unten gezogen. Der ganze Fels war stark vereist und so wurden die Kletterpassagen zu einem gefährlichen Abenteuer. Nach einem harten Abstieg erreichten wir sicher um 14:00 Uhr die Payerhütte. Wir gönnten uns einen kleinen Umtrunk, verstauten unsere Ausrüstung und stiegen dann über die Tabarettahütte nach Sulden ab. Hier bezogen wir noch einmal unser Quartier im Hotel Waldruhe und duschten uns heiss. Danach besuchten wir "Yak & Jeti" zum Abendessen. Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Nachhauseweg und es begleitete uns herrliches Bergwetter. "Danke, Wetteramt Botzen."

 

Zum Schluß möchten wir noch einmal alle Ortlerbergsteiger warnen:

In jedem Bergführer wird darauf hingewiesen, dass der Ortler auch bei schönem Wetter eine hochalpine Tour ist und bei schlechtem Wetter sehr schnell zu einen lebensgefährlichen Abenteuer werden kann. Diese Aussage können wir nur bestätigen!


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Ortler 3905 m

vom

11.09.2003 - 13.09.2003

Teilnehmer: Django, Erwin, Martin, Toni